Weiterentwicklung und Adaption des BaSys-4-Systems zur Anwendung in der Forstwirtschaft
Unternehmensübergreifende Verknüpfung von Wertschöpfungsketten in der Forstwirtschaft durch die Integration forstwirtschaftlicher Dienste in die BaSys-4-Architektur
Knapp die Hälfte der Waldflächen in Deutschland sind in Privatbesitz, ein Großteil davon zersplittert auf die 2 Mio. körperschaftlichen und privaten Waldeigentümer. Die Prozesse zur Pflege und zum Management solcher Wälder sowie die Vermarktung der Holzvorräte müssen von den Besitzern selbst organisiert werden. Für die Realisierung einer durchgehend digitalen Abbildung dieser Prozesse fehlt den Besitzern meist das Kapital und das nötige technische Knowhow. Zur Effizienzsteigerung und um gegenüber Händlern mehr Verhandlungsspielraum zu haben, organisieren sich Privatwaldbesitzer oft in Forstbetriebsgemeinschaften oder Holzvermarktungsgesellschaften. Diese Zusammenschlüsse lösen allerdings nur einen Teil der Strukturprobleme in der Forstwirtschaft.
Im Vorhaben „BaSys4Forestry“ sollen die aus der Industrie 4.0 stammenden Konzepte des „Basissystem Industrie 4.0“ (BaSys 4) genutzt werden, um es jedem Privatwaldbesitzer zu ermöglichen, ein digitales Abbild – einen sogenannten Digitalen Zwilling – seines Waldes zu erstellen, über den er die volle Datenhoheit behalten kann. Diesen kann er selbst mit Daten füllen und mit Diensten von Drittanbietern sowie den forstwirtschaftlichen Zusammenschlüssen koppeln. Dabei bestimmt er selbst, inwieweit die Informationen aus seinem digitalen Wald an Dienstanbieter weitergegeben werden und inwieweit die Dienste Daten modifizieren können.
Ziel des Verbundvorhabens „BaSys4Forestry“ ist es daher, auf Grundlage der Konzepte und Methoden von Wald und Holz 4.0 sowie der BaSys-4-Konzepte Prototypen eines Digitalen Zwillings „Wald“ sowie Dienste zum Waldmanagement und zum Holzverkauf zu entwickeln und miteinander zu verbinden. Die erstellten Prototypen werden dann von Anwendern unter Realbedingungen getestet.
Eine besondere Herausforderung wird es sein, das Management von Zugriffsrechten Dritter auf die Daten des Digitalen Zwillings auf Grundlage der BaSys-4-Konzepte zu realisieren. Hier wird ein großer Erkenntnisgewinn erwartet. Außerdem wird im Kontext dieses Projekts die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des BaSys-4-Systems bei eingeschränkter Verfügbarkeit von Kommunikations- und Datenverbindungen im Wald vor eine besondere Herausforderung gestellt.
Weitere Anwender können die Projektergebnisse in Zukunft als infrastrukturelle Grundlage zur Digitalisierung nutzen. So können beispielsweise Dienste und Funktionalitäten wie Überwachung, Verfügbarkeitsanalysen, Preisvorhersagen oder fortgeschrittene KI-Lösungen auf die durch das BaSys-4-System bereitgestellten, standardisierten oder semantisch annotierten Daten zugreifen. Auf der anderen Seite können sich Dienstanbieter jederzeit an der Plattform beteiligen und ihre Dienste zur Verfügung stellen. Letztendlich ist die dienstanbieter- und anwenderübergreifende Interoperabilität durch die generalisierte, digitale Abbildung von Wäldern mit Verwaltungsschalen der richtige Schritt in Richtung digitale Forstwirtschaft.
BaSys4Forestry ist ein Verbundvorhaben der Partner RWTH Aachen University mit dem Lehrstuhl für Informations- und Automatisierungssysteme für die Prozess- und Werkstofftechnik (PLT, Konsortialführung), dem Werkzeugmaschinenlabor (WZL) und dem Institut für Mensch-Maschine-Interaktion (MMI) mit den Firmen Forstify GmbH (Arnsberg), rBITech GmbH (Regensburg) und Weichs Beratungs- und Dienstleistungsgesellschaft UG (haftungsbeschrankt) (Eslohe).
Das Vorhaben wird gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) über den Projektträger Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V. (DLR) (Förderkennzeichen 01/S21074A-D). Die 2-jährige Projektlaufzeit ist 10/2021 bis 09/2023.
Text: Dr. Ing. Martin Hoppen, MMI